Die Sagengestalten am Goldberg und im Gailtal

Die Sagengestalten am Goldberg und im Gailtal



Das bäuerliche Haus und seine Wiesen und Wälder sind voll wunderbarer, geheimnisvoller Wesen. Auf der Jaukenalm wohnen die herrlich schönen, gutherzigen Saligenfrauen. Sie fliegen mit den Nebelschleiern und wann immer sie den Menschen begegnen, bringen sie Glück und Segen ins Haus. Wenn gar ein Bauernbursch eine Salige als Frau gewinnen kann, ist dem Haus Lachen, Friede und Gesundheit beschert. Aber wehe der Bursch befragt seine Frau nach ihrer geheimnisvollen Herkunft! Dann verlässt sie unter Tränen das Haus. Unsichtbar behütet sie ihre geliebten Kinder und den traurigen Gemahl, bis dieser wiederum heiratet.

In den Ritzen von altem Holz wohnen die guten Geister eines Bauernhauses, die braven Bergmandln. Sie sind daumengroß, mit Zauberkräften begabt und einem Hütl auf dem Kopf, das sie für Menschen unsichtbar macht. Sie helfen den Bauern bei der Wirtschaft und vertreiben den bösen Schratl, der sich auf die Brust der Leute setzt und sie sorgenvoll, krank und böse macht. Die Bergmandln besuchen einander gern und wenn sie einmal weiter weg in ein anderes Tal reisen, mogeln sie sich in eine Wurst, die die Bäuerin gerade macht und an Verwandte oder Bekannte verschickt. Auf diese Weise kommen die Mandln an ihr erwünschtes Ziel.

Dem Mandl vom Wieserberg bei Grafendorf im Gailtal hat vor langer Zeit eine freche Bauerndirn das Hütl gestohlen. Um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, hatte es das Hütl abgenommen und war derweil für die Dirn sichtbar gewesen. Ohne sein Hütl konnte sich das arme Mandl nur mehr angstvoll vor den Menschen verbergen, die so ein Mandl gern eingefangen hätten. Die Großmutter von Frau Oberhofer hat das Hütl im Wieser Kirchl, der ältesten christlichen Kirche des Gail- und Lesachtales noch gesehen. Jahrzehnte später war das Hütl aus der Kirche verschwunden. Das Mandl vom Wieserberg wird es Gott sei Dank wohl wieder auf dem Kopf tragen.

Am Reißkofel wohnt der Riese, der hinter den Saligen her ist. Noch hat er sie nie erwischt, aber er will nicht aufhören ihnen nachzustellen. Alle Wesen sind in heller Aufregung und warnen einander, wenn der Riese sich nähert. Die guten Geister sind aber immer stärker. Denn das Gailtal ist ein liebliches Tal und seine Bewohner fröhliche, freundliche Menschen, die viele schöne Lieder haben, die sie vier- und fünfstimmig singen.